Interview mit dem Architekten Christian Hartmann

Das Büro Freitag Hartmann Architekten wurde vom Bezirk Spandau mit der Sanierung und Erweiterung des Sportfunktionsgebäudes am Heckerdamm beauftragt. Architekt Christian Hartmann spricht im Interview über die Vorgeschichte und die konkreten Pläne für das Projekt in ökologischer Bauweise.

Das Funktionsgebäude am Sportplatz Heckerdamm

Sie kennen die beiden Holzgebäude am Heckerdamm sehr gut… 
Christian Hartmann: Ja, der Bezirk Charlottenburg war schon Ende der 1980er Jahre sehr innovativ! Für das Projekt „Jugendfreizeitheim und Sporteinrichtungen am Heckerdamm“ wurde erstmals in Berlin ein offener Wettbewerb mit explizit ökologischem Vorzeichen aus­gelobt. Gewonnen hat ihn mein Büro. Ich konnte die Jury mit meinem Konzept überzeugen, das auf wenigen Prinzipien beruhte: richtige Orientierung, Zonierung, Kompaktheit und die Verwendung natürlicher Materialien.

Was war an dem Jugendclub so innovativ?
Nach den Erfahrungen mit dem Einbau einer Lüftungsanlage und einer Hypokausten-Heizung bei einem Vorgängerprojekt im Bezirk Charlottenburg, war uns klar, dass der technische Aufwand geringer gehalten werden sollte. Wir wollten auf technische Maßnahmen verzichten. Das Haus sollte sich passiv steuern. Analog zu unserem ökologischen System haben wir im Entwurf das Zusammenspiel einzelner Elemente zu einem Ganzen gefügt. Bauelemente erhielten, neben ihrer konstruktiven, auch funktionale und gestalterische Bedeutung. Die Form der Gebäude trägt dem städtebaulichen Ansatz einer Sonderfunktion im Kleingartengebiet deutlich Rechnung. Andererseits nehmen beide Gebäude durch Holzbauweise und Dachformen Elemente aus der Umgebung auf. Der gemeinsame Zugang zum Club, zu den Umkleiden und dem Sportplatz schafft einen öffentlichen Raum.

Jugendclub und Sportfunktionsgebäude wurden aus ökologisch sinnvollen Materialien wie Holz für die Hauptkonstruktionen und Bodenbeläge und mit gutem Dämmstandard errichtet. Wenn man so will, waren der Club und das Sportgebäude ein nachhaltiges Projekt der ersten Stunde.

Seit wann beschäftigen Sie sich mit Holz und Lehm?
In der Architektur diskutierte man bereits in den 1970er Jahren, besonders in Amerika, aber auch in Europa über Nachhaltigkeit. Sie bedeutet, Bedürfnisse so zu befriedigen, dass für nachfolgende Generationen möglichst wenig Nachteile entstehen. Man baute Häuser aus Alt-Material, Lehm usw., die sich trichterförmig nach Süden öffneten und mit selbst gebauten Solaranlagen beheizt wurden. Auch wir an der TU Berlin beschäftigten uns damit. Im Jahr 1984 lobte das Hochbauamt Charlottenburg zusammen mit dem Lehrstuhl „Klimagerechtes Bauen“ einen Studentenwettbewerb für die ökologische und klimagerechte Sanierung eines Kindergartens aus. Mit einem passiv-solaren Konzept haben Ingo Lütkemeyer und ich den Wettbewerb gewonnen und ihn dann bis 1987 realisiert.

Was zeichnet das Sportgebäude aus?
Sichtmauerwerkswände sorgen für Speichermasse und Robustheit. Die Dachgauben holen Luft und Licht in die innenliegenden Waschräume. Große Dachüberstände sorgen für einen natürlichen Sonnen- und Holzschutz. Noch immer erfreut sich das heute ganztägig genutzte Haus ungebrochener Attraktivität. Frei nach dem Architekten Gio Ponti: „Schönheit ist die widerstandsfähigste (nachhaltigste) Konstruktion“.

Warum will der Bezirk das Gebäude umbauen?
Im Sinne der Nachhaltigkeit wird erweitert und ergänzt. Hier trainiert die Fußball-AG der Moltke-Grundschule, auch wird der Sportplatz für den Vereinssport genutzt. Im Sportgebäude sind neben dem Büro des Platzwarts auch Umkleiden und Sanitärräume untergebracht. Doch es fehlen Gäste-Toi­letten. Zudem wäre das Training einfacher, wenn man für Sportgeräte mehr Platz hätte.

  • Perspektive des erweiterten Holzbaus mit Bestandsteil und Anbau

    Skizze für das erweiterte Funktionsgebäude am Sportplatz

Was haben Sie konkret vor?
Etwa 100 Quadratmeter mehr Nutzfläche inklusive einer barrierefreien Außentoilette stehen nach der baulichen Ergänzung für den Schul- und Vereinssport zur Verfügung. Die Finanzmittel in Höhe von ca. 950.000 Euro bekommt der Bezirk aus dem Förderprogramm Nachhaltige Erneuerung. Darin eingeschlossen ist die Anschaffung einer modernen Heizungsanlage. Die Kombination aus einer Luft-Wasser-Wärmepumpe und einem modernen Gaskessel erlaubt es, dass mit bis zu 65 Prozent regenerativer Energie geheizt werden kann. Die Außenwände des Anbaus bestehen aus einer klassischen Holzständerkon­struktion mit dazwischenliegender Dämmung. Sie sind mit Lärchenholz verkleidet, sodass dieser mit dem Altbau eine optische Einheit bildet. 

Das neue Dach erhält eine Photovoltaikanlage, das rückwärtige Dach ist begrünt und der Freiraum des Areals durch klimaangepasste Pflanzen und barrierefreie Wege gestaltet. Also: Die ursprünglichen Gedanken werden fortgeführt!

Interview: Bianka Gericke

Stand: Dezember 2024